Im April besuchten zwei Gruppen Touristen Kosovo, die meisten von ihnen Sozialpädagoginnen aus dem Aargau. Sie kehrten mit sehr guten Eindrücken von Kosovos Natur und der kosovarischen Gastfreundschaft zurück
Fragen Sie irgendeinen Kosovaren, ob es in Kosova touristische Orte gebe, so erhalten Sie möglicherweise eine negative Antwort; nicht etwa, dass dem so wäre, doch viele junge Kosovaren sind der Armut, Arbeits- und Perspektivlosigkeit ihres Lebens müde. So erscheint ihnen alles schlecht, leider. Die Mehrheit sieht nur die hoffnungslose Seite der Medaille.
Doch denken so auch ausländische Besucher, die nach Kosovo kommen? Keineswegs! Sicher werden sie viele Mängel in Kosovo bemerken, doch sie werden sehen, dass auch viele Voraussetzungen existieren, um Kosovo zum bevorzugten Touristenland werden zu lassen, sogar zu einem Land zum Leben und zum Investieren, wie es vor einigen Tagen der Schweizer tat, der anderthalb Millionen Euro in Kosovo investierte.
In der zweiten Aprilhälfte 2013 besuchten zwei Gruppen Touristen Kosova, die meisten von ihnen Sozialpädagogen aus dem Aargau.
Obwohl die Besucher negative Vorurteile über Kosovo hatten, lernten sie die kosovarische Realität sehr schnell kennen und am Ende war das Urteil über den jungen Staat von Kosovo hauptsächlich positiv.
„Nachdem Kosova für mich bis jetzt ganz unbekannt gewesen war, kehre ich nun nach einem nur einwöchigen Aufenthalt nach Hause zurück mit reichhaltigen Eindrücken, die ich verarbeiten muss“, sagte Carolina auf dem Weg zurück zum Flughafen, und fügte hinzu: „Der kosovarische Staat ist jung und hatte eine traurige Vergangenheit. Es wäre nicht „fair“, einen Vergleich mit der Schweiz zu machen. Auf jeden Fall wurde aussergewöhnliche Arbeit geleistet für den Wiederaufbau des Landes. Ich hätte nicht geglaubt, so viele positive Eindrücke zu erhalten. Wegen all der Vorurteile rate ich andern, dieses Land mit den eigenen Augen zu sehen und mit den eigenen Ohren zu hören“, schliesst Carolina.
Der Besuch dieser Gruppen war von der Art einer Studienreise und beinhaltete ein dicht gedrängtes siebentägiges Programm. Die Schweizer Pädagoginnen und Pädagogen besuchten Kosovo kreuz und quer, um Land und Leute in allen Teilen Kosovos kennenzulernen. Auf dem Programm stand der Besuch der Primarschule „Faik Konica“ in Prishtina, an der Pädagogischen Fakultät, in der Schweizer Botschaft, im Diasporaministerium, bei der Gedenkstätte Adem Jashari in Prekaz, etc., aber auch der Besuch von Städten und Dörfern , kulturellen und religiösen Institutionen und, selbstverständlich, der Naturschönheiten der Rugovaschlucht und des Sharrgebirges fehlte nicht.
Auf die Frage, was sie veranlasst habe, Kosova zu besuchen, antwortete die Lehrerin B. Kienzler: „Ich bin hier her gekommen, um die Mentalität meiner albanischen Schülerinnen und Schüler und ihrer Eltern kennenzulernen und besser zu verstehen, und um näher zu erfahren, weshalb diese Kinder so stolz auf ihr Land sind.“
Natürlich gibt es in Kosovo vieles zu besuchen. Und nicht nur die kulturellen und religiösen Monumente, die das Ziel der meisten Besucher bilden. Kosovo birgt, obschon klein, zahlreiche unter- und oberirdische Reichtümer. Es genügt, sich auf die Felder in all den Tälern wie Anamorava, Anadrini, Fusha e Kosovës, Llabi e Dukagjinit etc. zu begeben, um festzustellen, dass Kosovo ein Garten inmitten des Balkans ist. Um dieser Tatsache gerecht zu werden, war auf dem Programm auch der Besuch eines Weinkellers in Rahovec vorgesehen. Der Leiter des Weinguts Bodrum i vjetër (dt. Alter Keller) empfing die schweizerischen Besucherinnen herzlich und erklärte bereitwillig und im Detail, wie der Wein produziert wird, von der Kontrolle der Trauben im Weinberg bis zum Endprodukt. Er sagte, das Wetter des Drintals mit rund 280 Tagen Sonnenschein im Jahr sei der beste Anreiz für den Rebbau. Diese Tatsache war es auch, die den Brüdern Haxhihaja den Ansporn gab, das Weingut Bodrum i vjetër in Rahovec zu kaufen. „Ich bin fasziniert vom Mut und dem Erfolg der drei Brüder als Unternehmer in der Weinproduktion“, sagt der Schweizer Agronom Robert Obrist, nachdem er den Besitzern des Bodrum i vjetër unzählige Fragen gestellt hatte.
Die heute pensionierte Lehrerin A. Brogle war nach Kosova gekommen wegen der Liebe und des Respekts, den sie für ihre ehemaligen Schüler empfand. „Wie schade, dass ich nicht schon früher nach Kosova gekommen bin, um noch besser mit den Kosovaren zu kommunizieren. Es war eine Freude, Kosova zu besuchen. Beim nächsten Mal möchte ich noch mehr die Natur erleben; ich werde die Bergdörfer besuchen, aber auch länger in der schönen Stadt Prizren bleiben“, sagt die ehemalige Lehrerin.
„In keinem Land, das ich bis jetzt besuchte, traf ich ein gastfreundlicheres Volk“, sagt Martina Bausch, deren Mann – der Biologe Christoph Bausch – einige albanische Schüler unterrichtet. Das Ehepaar möchte Kosovo wieder besuchen, vor allem die reiche Natur mit der vielfältigen Flora und Fauna.
Angesichts all dessen, was wir während dieser sieben Tage von den Schweizer Touristinnen und Touristen hörten, lässt sich sagen, dass Kosova ein attraktives Land für ausländische Touristen werden kann. In Kosova gibt es heute überall Hotels und Restaurants, die bei den Besucherinnen hervorragenden Eindruck machen, vor allem mit der Vielfalt des traditionellen Essens, doch auch mit westlichen Menus.
„Sie haben sensationelle Gerichte, und auch die Hotels sind auf hohem Niveau. Ich lernte Kultur, Städte, Natur und Schulen kennen und meine Erwartungen als Besucherin wurden erfüllt. Natürlich würde ich den überall herumliegenden weggeworfenen Abfall von meinen positiven Eindrücken ausnehmen, aber ich hoffe, dass dieses Problem nur vorübergehend ist“, sagt die Sozialpädagogin Isabelle Freytag. So denken auch Andreas, Kathrin, Adina, Beatrice, Eva, Barbara etc.
Was Kosovo im Bereich Tourismus auf jeden Fall braucht, sind Wander- und Velowege, Möglichkeiten zur Kontaktnahme mit Mitarbeitern derjenigen Institutionen , die von ausländischen Besuchern bevorzugt besucht werden, die absolut notwendige Säuberung der Flussufer von dem vielen Abfall, den unverantwortliche Einwohnerinnen und Einwohner wegwerfen, aber auch die emigrierte Bevölkerung aus der Diaspora muss gewonnen werden, die vielfach nicht genug über das eigene Herkunftsland weiss.